Moderner Englischer Kämpfer

Modernen Englischen Kämpfer zeichnen sich durch ein ruhiges, aber situativ zickiges Verhalten aus, besonders bei männlichen Tieren. Die prägnante Kampfeslust erfordert ein frühzeitiges Trennen der Hähne ab 10–12 Wochen, um Verletzungen zu vermeiden. Überraschenderweise sind sie außergewöhnlich gelehrig und nehmen innerhalb weniger Tage Ausstellungspositionen an – ein Erbe ihrer präzisen Schauzucht. Hennen bleiben zwar weniger dominant, zeigen aber bei geringem Raumangebot deutliche Territorialität. Im Vergleich zu anderen Kampfrassen sind sie gruppenverträglicher, benötigen jedoch mindestens 8 m² Auslauf pro Tier, da sie bei Enge rasch unruhig werden. Ihre hohe Aufmerksamkeit und Reizbarkeit machen sie nicht für Anfänger geeignet, sondern ausschließlich für erfahrene Halter mit Verständnis für rassespezifische Sozialdynamik.

Haltung & Fütterung

Aufgrund ihrer langen, feinlinigen Beine sind Stall-Sitzstangen mindestens 45 cm hoch anzubringen, um Fehlstellungen bei der charakteristischen aufrechten Haltung vorzubeugen. Trotz guter Kälteresistenz verträgt das kurze, harte Gefieder Dauerfeuchte schlecht – bei Regenphasen sind trockene Lehmbereiche im Auslauf unverzichtbar. Die mittlere Flugfähigkeit erfordert eine Höhe von 1,50 m bei Freilaufzäunen, da sie bei Störungen kurzzeitig energisch aufsteigen. Die moderate Futtersuche (6/10) verlangt eine proteinbetonte Grundration (18–20 %) zur Muskelerhaltung, aber keine Getreideüberschüsse, da sie bei reduzierter Aktivität schnell Übergewicht entwickeln. Besonders bei weißen Farbschlägen ist Zinkzugabe notwendig, um den typischen Federbruch an Brust und Flügeln zu minimieren.

Gesundheit & Besonderheiten

Ihre selektierte Schauoptik bringt verstärkte Anfälligkeit für Gelenkbelastungen mit sich – rutschfeste Laufflächen und abschüssige Auslaufbereiche sollten vermieden werden. Die vollstehenden, unverkroppelten Kämme erfordern bei Temperaturen unter -10°C Vaseline-Schutz, obwohl die Rasse generell kälteresistent ist. Typisch ist die hohe Brutneigung der Hennen, die bei Einzelhaltung zu Eiablageproblemen führt – deshalb sollten mindestens 3–4 Weibchen gemeinsam gehalten werden. Ungewöhnlich robust zeigen sie sich gegen Atemwegserkrankungen, reagieren aber extrem empfindlich auf Ammoniakbelastung durch feuchtes Streu; ein kiesiger Boden im Stallbereich ist daher zwingend erforderlich, um Staublungen vorzubeugen.

Der Moderne Englische Kämpfer entstand Mitte des 19. Jahrhunderts in England als direkte Reaktion auf das 1849 verhängte Verbot von Hahnenkämpfen. Aus den urbritischen Altenglischen Kämpfern (Old English Game), deren Geschichte bis zu römischen Kampfhühnern zurückreicht, entwickelten Züchter eine neue Linie durch gezielte Kreuzung mit Malaien-Kämpfern. Das primäre Zuchtziel verlagerte sich von Kampfkraft hin zu eleganter Körperhaltung und prägnanten Farbschlägen für Ausstellungen. Ab den 1850er-Jahren selektierten englische Geflügelzüchter strikt gegen den gedrungenen Kampfhahn-Typ, um einen schlanken, hochbeinigen Körperbau mit waagerechtem Rücken zu etablieren. Der 1880 gegründete English Game Club standardisierte die Rasse, wobei sich – ähnlich wie bei den Altenglischen Kämpfern – unterschiedliche Körperlinien herausbildeten. Kritisch prägte die Abschaffung traditioneller Praktiken wie das ‚Dubbing‘ (Entfernen von Kamm und Kehllappen) den Wandel vom Kampfhuhn zum Schauvogel.

Bedeutung & Moderne Entwicklung

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Rasse in Europa beinahe ausgestorben, erlebte jedoch ab den 1970ern durch internationale Zuchtvereine eine Renaissance. Heute wird der Moderne Englische Kämpfer (auch Modern Game genannt) vorwiegend in Ausstellungen präsentiert und gilt als kulturelles Zeugnis des viktorianischen Wandels von brutalen Blutspielen zu ästhetischer Zucht. Seine Erhaltung liegt heute in den Händen spezialisierter Zuchtverbände, die den historischen Standard trotz geringer Populationen bewahren. Die Rasse symbolisiert zugleich den schwierigen Übergang von der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung zur reinen Rassepflege – ein Prozess, der viele traditionelle Hühnerrassen des 19. Jahrhunderts prägte.