Everberger Bartzwerg

Everberger Bartzwerg

Everberger Bartzwerg – Der wache Bartträger aus Belgien

Mit seinem markanten Bart und einer prägnanten Erscheinung zieht der Everberger Bartzwerg sofort die Blicke auf sich. Diese seltene Rasse, um 1880 in Belgien gezüchtet, vereint wache Aufmerksamkeit mit einem sensiblen, zurückhaltenden Wesen – ein faszinierendes Zusammenspiel aus Lebhaftigkeit und Vorsicht. Im Gegensatz zu robusten Allroundrassen reagiert der Everberger feinfühlig auf Umgebungsreize und sucht Schutz bei kleinsten Störungen, was ihn besonders anspruchsvoll macht. Aufgrund seines nervösen Temperaments eignet er sich weniger für Anfänger, doch erfahrene Halter schätzen die tiefe, langsam aufgebaute Vertrauensbindung zu diesen temperamentvollen Tieren. Ein Stück belgische Zuchthistorie, das geduldige Beobachtung belohnt und Einblicke in die Vielfalt geflügelter Persönlichkeiten gewährt.

Wirtschaftlichkeit

S (klein)
85 pro Jahr
Gewicht Henne
1,5-2,0 kg
Gewicht Hahn
2,0-2,5 kg
Lebenserwartung
5–6 Jahre
Fleischansatz
Gering
Bruttrieb
Mittel
Autosexing Nein
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Everberger Bartzwerg: Spezifische Haltungspraxis

Der Everberger Bartzwerg ist eine nervenstarke, extrem scheue Rasse mit angeborener Vorsicht, die routinierte Haltungskenntnisse erfordert. Selbst bei langjähriger Haltung reagieren die Tiere auf ungewohnte Geräusche oder Bewegungen mit panikartigem Davonstürmen – besonders bei Jungtieren. Durch ihre hohe Wachsamkeit eignen sie sich nicht für unerfahrene Halter, da sie kaum Vertrauen aufbauen und ständig auf Fluchtmodus agieren. Im Gruppenverhalten dominieren sie nicht, benötigen aber artgenossenschaftliche Ruhezonen, da sie von aktiveren Rassen wie Seramas oder Cochins permanent unter Druck geraten. Ihre moderat hohe Flugfähigkeit (trotz kaulschwänziger Körperbau) erfordert eine Auslaufhöhe von mindestens 1,20 m, da sie bei Stress kurze Aufstiege bis 1,50 m erreichen. Die Rasse zeigt keine Brutverwilderung – durch den starken Bruttrieb (bis zu 4 Bruten/Jahr) legen die Hennen nur 85 Eier, was bei reiner Nutztierhaltung in der Planung berücksichtigt werden muss.

Haltung & Fütterung

Die üppige Bart- und Stulpbefiederung erfordert spezielle Tränken mit 1,5 cm Wassertiefe, da nasse Bartpartien bei dieser Rasse innerhalb von 24 Stunden zu Atemwegsproblemen führen. Im Stall sind rostfreie Edelstahlperchen unabdingbar – Holzperchstangen verursachen durch das volle Fußgefieder (bis zu 3 cm Länge) chronische Verfilzungen und Verletzungsrisiken. Aufgrund der extremen Verfettungsneigung (bereits bei 5 % Futterüberschuss) muss das Futter exakt dosiert werden: Hennen erhalten max. 45 g Futter/Tag, Hähne 55 g – übliche Zufütterungen von 10 % für Zwergtiere sind hier kontraproduktiv. Die aktive Futtersuche (7/10) konzentriert sich auf Insekten und Samen, wobei sie ausschließlich im feuchten Bodenbereich stöbern – trockene Mulchbeete werden gemieden. Ein bepflanzter Sandkasten mit Wiesenschaumkraut und Vogelmiere ist für die Nährstoffaufnahme essentiell.

Gesundheit & Besonderheiten

Die dreiädrige Bartstruktur ist anfällig für Trichomonaden-Infektionen – bei jedem Wasserkontakt muss der Bart mit einem trockenen Mikrofasertuch nachgeputzt werden. Durch die schwach entwickelten Schwanzwirbel (kaulschwänzig) leiden viele Tiere an Haltungsproblemen: Bei Gewichtsverlust unter 550 g (Henne) oder 650 g (Hahn) kommt es zu Instabilität beim Gehen. Kritische Gewichtsmessung ist daher wöchentlich Pflicht. Die Rasse reagiert extrem empfindlich auf Zugluft – trotz guter Kälteresistenz müssen Stallfenster stets windgeschützt angebracht sein, da bereits leichte Luftströme zu Nasen- und Augenentzündungen führen. Bei der Vergesellschaftung sind artgleiche Hähne ab 8 Monaten rigoros zu trennen: Ihr Kampfverhalten richtet sich auf die eigene Bartbefiederung, was zu lebensgefährlichen Verletzungen führen kann.

🏠 Platzbedarf & Klimaresistenz

Stallplatzbedarf
Gering
Auslaufbedarf
Sehr gering
Kälteresistenz
Gut
Wärmeresistenz
Sehr gering

🧠 Charakter & Verhalten

Nutzung Rassehühner
Farbschläge blau-gesäumt, blau-weißgescheckt, gelb mit weißen Tupfen, gesperbert, gold-porzellanfarbig
Charakter aktiv, vorsichtig, wachsam, scheu, nervös
Sozialverhalten Verträglich
Aktivität Lebhaft
Lautstärke Mittel
Flugfähigkeit Gut

Everberger Bartzwerg: Historische Wurzeln der belgischen Rarität

🇧🇪 Belgien
1880

Der Everberger Bartzwerg entstand um 1880 im belgischen Dorf Everberg (heute Teil von Zaventem im Flämischen Brabant) als regionale Spezialisierung der belgischen Bartzwergzucht. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts avancierte Belgien zum Zentrum für die Entwicklung von Zwerghühnerrassen, wobei lokale Züchter in der Umgebung von Brüssel gezielt bärtige Zwergformen für Ausstellungen züchteten. Die Entstehung der Rasse erfolgte vermutlich durch gezielte Kreuzungen mit benachbarten Bartzwergvarianten wie den Antwerpener Bartzwergen, die bereits als Statussymbol bei wohlhabenden Familien galten. Charakteristisch für die Entwicklung waren die spezifischen Farbschläge wie blau-gesäumt, gelb mit weißen Tupfen und gold-porzellanfarbig, die im Gegensatz zur prächtigen Optik eine geringe Legeleistung von etwa 85 Eiern pro Jahr aufwiesen – für damalige Verhältnisse ein Zeichen ihrer reinen Zierhühner-Prägung. Bis zum frühen 20. Jahrhundert verbreitete sich die Rasse vorrangig in belgischen Geflügelzuchtvereinen, blieb aber stets eine Nischenrasse.

Bedeutung & Moderne Entwicklung

Historisch hatte der Everberger Bartzwerg keine landwirtschaftliche Bedeutung, sondern diente als kulturelles Prestigeobjekt in gehobenen Haushalten. Sein Bedeutungsverlust nach den Weltkriegen spiegelte sich in der starken Verbreitungsschrumpfung wider. Heute gilt die Rasse als extrem selten, wobei vereinzelte Erhaltungszuchtprojekte in Belgien und Deutschland ansetzen – wie die Dokumentation im Vereinsarchiv von 2017 zeigt, das lediglich drei Exemplare in Geflügelbeständen verzeichnete. Der ‚Belgische Bartzwerg-Verein‘ und spezialisierte Zuchtverbände bemühen sich seit den 2010er-Jahren verstärkt um die Rettung dieser historischen Rarität, wobei die komplexen Farbvarianten besondere Herausforderungen bei der Standardtreue mit sich bringen. Die Rasse bleibt ein faszinierendes Zeugnis der belgischen Zwerghühner-Zuchthistorie, das bis heute vor dem Aussterben geschützt werden muss.

📈 Bekanntheit & Status

Bekanntheit
Selten
Beliebtheit
Beliebt
Ausstellungsgeeignet Ja

Häufig gestellte Fragen❓

+Warum ist der Everberger Bartzwerg trotz seines scheinbar kompakten Körperbaus ein sehr guter Flieger – und welche technischen Anforderungen an den Auslauf ergeben sich daraus?

Trotz ihres gedrungenen, kaulschwänzigen Körperbaus und der voluminösen Fußbefiederung besitzen Everberger Bartzwerge eine überraschende Flugfähigkeit und können bei Stress oder Unruhe bis zu 1,50 Meter hoch aufsteigen. Das bedeutet, dass der Auslaufzaun mindestens 1,20 Meter hoch sein muss, um Fluchtversuche zuverlässig zu verhindern. Diese Kombination aus kompakter Statur und unerwartetem Flugvermögen ist eine Spezialität der Rasse und erfordert bei der Haltung besondere Aufmerksamkeit.

+Welche speziellen Risiken birgt der üppige Bart des Everberger Bartzwerge bei der Wasserversorgung – und wie vermeidet man gesundheitliche Probleme?

Der dichte, dreiteilige Bart ist anfällig für Feuchtigkeit: Bereits ein nasser Bart kann innerhalb von 24 Stunden zu Atemwegsproblemen führen. Daher sind spezielle Tränken mit einer maximalen Wassertiefe von 1,5 cm unerlässlich. Nach jedem Wasserkontakt sollte der Bart mit einem trockenen Mikrofasertuch nachgeputzt werden, um Schimmelbildung und Infektionen vorzubeugen. Diese Maßnahme ist bei kaum einer anderen Hühnerrasse so kritisch wie beim Everberger Bartzwerg.

+Warum ist der Everberger Bartzwerg für Anfänger ungeeignet, obwohl er als Zwerghuhn wenig Platz benötigt?

Der Everberger Bartzwerg ist extrem scheu, nervös und reagiert auf kleinste Umgebungsreize mit panikartiger Flucht. Selbst bei langjähriger Haltung baut er kaum Vertrauen zu Menschen auf und bleibt stets wachsam und vorsichtig. Diese Feinfühligkeit erfordert routinierte Haltungs- und Fütterungskenntnisse – insbesondere, da die Tiere bei Stress oder durch Futterüberangebot schnell gesundheitliche Probleme entwickeln. Für unerfahrene Halter ist die Rasse daher eine echte Herausforderung.

+Welche überraschenden Ernährungsgewohnheiten zeigen Everberger Bartzwerge bei der Futtersuche – und was bedeutet das für die Gestaltung ihres Auslaufs?

Everberger Bartzwerge suchen ihr Futter fast ausschließlich im feuchten Bodenbereich und meiden trockene Mulchbeete. Ihre Futtersuche konzentriert sich auf Insekten und Samen, wobei ein bepflanzter Sandkasten mit Wiesenschaumkraut und Vogelmiere für die Nährstoffaufnahme essenziell ist. Diese spezielle Vorliebe für feuchte, belebte Böden unterscheidet sie von vielen anderen Rassen und muss bei der Auslaufgestaltung gezielt berücksichtigt werden.

+Wie wirkt sich die historische Zuchtgeschichte des Everberger Bartzwerge auf seine heutige Seltenheit und Zuchtpraxis aus?

Der Everberger Bartzwerg entstand um 1880 als Prestigeobjekt für Ausstellungen und wohlhabende Haushalte, nie jedoch als Nutztier. Nach den Weltkriegen schrumpfte der Bestand dramatisch – 2017 wurden in einer Vereinsdokumentation nur noch drei Exemplare in Geflügelbeständen verzeichnet. Die Erhaltungszucht ist heute eine große Herausforderung, da die komplexen, seltenen Farbschläge (z.B. gold-porzellanfarbig, gelb mit weißen Tupfen) nur schwer standardgetreu zu züchten sind. Die Rasse steht exemplarisch für den Verlust genetischer Vielfalt in der Geflügelzucht und ist heute ein wichtiges Objekt von Erhaltungsprojekten.

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