Böhmerwaldhuhn

Böhmerwaldhuhn

Böhmerwaldhuhn: Traditionelle Zweinutzung mit Charakter

Entstanden in den 1950er Jahren in der Tschechischen Republik, verkörpert das Böhmerwaldhuhn handwerkliche Zuchtkultur in lebendiger Form. Diese typische Zweinutzungsrasse überzeugt durch ihre soziale Wachsamkeit und ihren intensiven Forschungsdrang – kaum ein Winkel des Auslaufs bleibt den neugierigen Hennen verborgen. Mit ihrem ausgeglichenen Temperament schafft sie eine harmonische Stallgemeinschaft, während ihre vorsichtige Art eine ruhige Integration ermöglicht. Aufgrund ihrer aktiven Natur und spezifischen Bedürfnisse richtet sich die Rasse vor allem an erfahrene Halter, die eine traditionsbewusste Zucht mit naturnaher Haltung verbinden möchten. Entdecken Sie, wie dieses Stück böhmische Geflügelkultur mit Herz und Pfiff Ihren Hof bereichert.

Wirtschaftlichkeit

S (klein)
180 pro Jahr
Gewicht Henne
1,5-2,0 kg
Gewicht Hahn
2,0-2,5 kg
Lebenserwartung
5–6 Jahre
Fleischansatz
Gut
Bruttrieb
Mittel
Autosexing Nein
🌾 Futterverbrauch berechnen

Charakterstark & Aktiv

Böhmerwaldhühner zeigen ein unaufdringliches, aber stets waches Verhalten – sie bleiben Menschen gegenüber distanziert, entwickeln jedoch mit konsequenter, ruhiger Annäherung langfristig eine gewisse Vertrautheit. Ihre typische Vorsicht äußert sich in kurzen Fluchtreaktionen bei ungewohnten Geräuschen, doch dank ihres ausgeglichenen Temperaments beruhigen sie sich schnell wieder. Im Vergleich zu reinen Legehennen sind sie weniger neugierig an menschlichen Aktivitäten, konzentrieren sich stattdessen intensiv auf die systematische Erkundung ihres Reviers. Mit ihrer hohen Aktivitätsdichte (sie nutzen bis zu 80 % des Auslaufs täglich) benötigen sie keine besonders hohen Sitzstangen, sondern bevorzugen flache, breite Äste im Freien als Ruheplätze. Ausbruchsneigungen sind selten, da sie sich selten vertreiben – ihre natürliche Flugfähigkeit ist moderat, sodass ein 1,20 m hoher Zaun ausreicht. Aufgrund ihrer Ansprüche an die Auslaufgestaltung und der geduldigen Gewöhnungsphase an menschliche Präsenz sind sie ungeeignet für unerfahrene Halter. Bei der Vergesellschaftung dominieren sie weder schwächere noch unterwerfen sich stärkeren Rassen, sondern halten sich meist in eigenen Gruppenstrukturen.

Haltung & Fütterung

Der besondere Bedarf an strukturiertem Auslauf äußert sich in der Abscheu vor monotonen Grünflächen – brachliegende, strauchdurchsetzte Bereiche mit wechselnden Bodenbeschaffenheiten (Lehm, Kies, Waldboden) sind zwingend erforderlich. Anders als viele robuste Rassen vermeiden sie bei Regen nicht den Auslauf, benötigen aber felsige Überhänge oder trockene Unterstände zur Federpflege, da nasskaltes Wetter bei längerer Dauer zu vorübergehendem Legeausfall führen kann. Futtermittelwechsel müssen über 10–14 Tage schrittweise erfolgen, da sie auf plötzliche Getreideanteile mit Verdauungsstörungen reagieren. Aufgrund ihrer extremen Futtersuche (bis zu 6 Stunden täglich) reduziert sich der Futterbedarf um 25–30 % im Vergleich zu reinen Legehennen – kiesige Böden mit Wildkräutern und Insektenleben sind entscheidend. Verfettungsprobleme treten nicht auf, doch bei mangelnder Nahrungsvielfalt zeigen sie rasch Federschäden durch Mangelerscheinungen.

Gesundheit & Besonderheiten

Die robuste Konstitution wird durch ihre empfindliche Verdauung bei einseitiger Fütterung kompensiert – Vitamin-A-Mangel äußert sich hier früher und deutlicher als bei anderen Rassen (trockene Nasenhöcker, trübe Augen). Typisch für die Rasse ist das rasche Abnutzen der Schwanzfedern bei starkem Buschkontakt, was jedoch die Flugfähigkeit nicht beeinträchtigt. Im Alter ab 2,5 Jahren nimmt die Eierschalenfestigkeit langsam ab – gezielte Schalenbildungsunterstützung ab Herbst (alkalische Mineralien) hält die Qualität stabil. Besondere Pflege benötigt das glänzende Gefieder der Farbschläge Blau/Schwarz/Splash: Wöchentliche Staubbäder mit Quarzsand sind unverzichtbar, um die charakteristische Farbtiefe zu bewahren. Federpicken tritt nur bei Reviereinschränkung auf und lässt sich durch hängende Suchkugeln aus Heu effektiv vorbeugen.

🏠 Platzbedarf & Klimaresistenz

Stallplatzbedarf
Normal
Auslaufbedarf
Hoch
Kälteresistenz
Mittel
Wärmeresistenz
Sehr gering

🧠 Charakter & Verhalten

Nutzung Zweinutzungsrasse, Rassehühner
Farbschläge Blau, Schwarz, Splash
Charakter aktiv, neugierig, sozial, vorsichtig, wachsam, ausgeglichen
Sozialverhalten Verträglich
Aktivität Lebhaft
Lautstärke Mittel
Flugfähigkeit Gering

Böhmerwaldhuhn: Historische Herkunft und Wiederbelebung

🇨🇿 Tschechien
1950

Das Böhmerwaldhuhn, in tschechischen Quellen auch als Sumavanka (nach der Region Šumava) dokumentiert, entstand aus der Notwendigkeit, eine robuste Nutzervogelrasse für die ländliche Landwirtschaft des Böhmerwaldes zu bewahren. Die ursprüngliche Population dieser alten Zweinutzungsrasse aus der Tschechischen Republik ging im frühen 20. Jahrhundert infolge intensiver Kreuzungen mit Hochleistungsrassen verloren. Ab den 1950er Jahren initiierten tschechische Züchter eine systematische Wiederherstellung, indem sie Restbestände einheimischer Hühner mit gelbem Plymouth Rock, New Hampshire, Rhodeländern und Wyandottes vereinten. Dieser Prozess erfolgte im Kontext der postkrieglichen Landwirtschaftsentwicklung, als regionale Rassen für die Ernährungssicherung in abgelegenen Gebieten Ostmitteleuropas neu bewertet wurden. Die Zuchtzielsetzung fokussierte sich bewusst auf Kombination aus Fleischqualität und einer für damalige Verhältnisse bemerkenswerten Legeleistung von 180 Eiern pro Jahr, verbunden mit Kälteanpassungsfähigkeit.

Bedeutung & Moderne Entwicklung

Bis in die 1970er Jahre war das Böhmerwaldhuhn ein prägender Bestandteil der bäuerlichen Kleinhaltung im Grenzgebiet zu Bayern, verschwand dann aber mit der Industrialisierung der Geflügelproduktion fast vollständig. Die offizielle Anerkennung als eigenständige Rasse erfolgte erst 1999 im Rahmen der tschechischen Rassenschutzinitiativen. Heute wird die Sumavanka vorrangig von Erhaltungszüchtern gepflegt, wobei ihr historischer Wert als Genreserve für extensive Weidehaltung zunehmend gewürdigt wird. Seit 2010 engagiert sich der Tschechische Geflügelzuchtverband für die Standardisierung der Farbschläge Blau, Schwarz und Splash, während europäische Erhaltungsprojekte die Rasse als lebendes Zeugnis regionaler Agrargeschichte bewahren. Aktuell existieren lediglich rund 200 Zuchtstämme, was ihre Einstufung als stark gefährdet rechtfertigt.

📈 Bekanntheit & Status

Bekanntheit
Regional bekannt
Beliebtheit
Beliebt

Häufig gestellte Fragen❓

+Stimmt es, dass Böhmerwaldhühner bei Regen nicht den Auslauf meiden – und was bedeutet das für die Haltung?

Ja, Böhmerwaldhühner bleiben auch bei Regen im Auslauf, im Gegensatz zu vielen anderen robusten Rassen, die Schutz suchen. Allerdings benötigen sie trockene Unterstände oder felsige Überhänge, da nasskaltes Wetter bei längerer Dauer zu vorübergehendem Legeausfall führen kann. Die Auslaufgestaltung sollte daher gezielt Rückzugsorte bieten, um die Gesundheit und Legeleistung zu sichern.

+Warum ist der Futterbedarf bei Böhmerwaldhühnern um 25–30 % niedriger als bei reinen Legehennen?

Böhmerwaldhühner suchen extrem aktiv nach Futter – bis zu 6 Stunden täglich – und decken so einen großen Teil ihres Bedarfs selbstständig mit Insekten, Wildkräutern und Bodenleben. Das reduziert den Zufütterungsbedarf deutlich. Wichtig ist ein abwechslungsreicher, strukturierter Auslauf mit kiesigen Böden und Wildpflanzen, um Mangelerscheinungen und Federschäden zu vermeiden.

+Wie wirkt sich das Alter auf die Eierschalenqualität beim Böhmerwaldhuhn aus – und was kann man dagegen tun?

Ab etwa 2,5 Jahren nimmt die Eierschalenfestigkeit langsam ab. Gezielte Schalenbildungsunterstützung ab Herbst, etwa durch die Gabe alkalischer Mineralien, hilft, die Qualität zu stabilisieren. Das ist ein praktischer Tipp für erfahrene Halter, um die Legeleistung auch im Alter auf hohem Niveau zu halten.

+Wieso zeigen Böhmerwaldhühner bei plötzlichem Futterwechsel sofort Verdauungsprobleme – und wie vermeidet man das?

Die Rasse reagiert empfindlich auf abrupte Futterumstellungen, insbesondere bei Getreideanteilen. Futtermittelwechsel sollten deshalb immer über 10–14 Tage schrittweise erfolgen, um Verdauungsstörungen zu vermeiden. Das ist ein oft unterschätztes Detail in der Fütterungspraxis dieser Rasse.

+Warum nutzen Böhmerwaldhühner bis zu 80 % ihres Auslaufs täglich – und was bedeutet das für die Stall- und Auslaufplanung?

Die Hennen erkunden systematisch jeden Winkel des Auslaufs und sind sehr aktiv – sie nutzen fast die gesamte Fläche täglich. Monotone Grünflächen meiden sie; ideal sind abwechslungsreiche, strauchdurchsetzte Bereiche mit unterschiedlichen Bodenarten. Die Sitzstangen im Stall sollten flach und breit sein, da sie im Freien bevorzugt auf niedrigen Ästen ruhen. Ein 1,20 m hoher Zaun reicht aus, da ihre Flugfähigkeit gering ist. Diese Ansprüche machen die Rasse besonders spannend für Halter, die Wert auf artgerechte, naturnahe Haltung legen.

Andere Rassen entdecken