Bergische Schlotterkämme

Bergische Schlotterkämme

Bergische Schlotterkämme – Charaktervolle Landhühner aus NRW

Mit ihrem charakteristischen schlotternden Kamm und dem robusten, mittelgroßen Körperbau zählen die Bergischen Schlotterkämme zu den markantesten Landhühnern Deutschlands. Ursprünglich stammen sie aus dem Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen und blicken auf eine lange Tradition seit etwa 1750 zurück. Besonders auffällig ist nicht nur ihr typisches Kammmerkmal, sondern auch das freundliche und ausgeglichene Wesen der Tiere, das sie dennoch stets wachsam und lebhaft erscheinen lässt. Wer Wert auf wetterfeste Rassen mit ausgeprägter Futtersuche und guter Krankheitsresistenz legt, findet hier eine interessante Alternative zum Standardangebot. Für Einsteiger sind Bergische Schlotterkämme allerdings weniger geeignet – ihr Bewegungsdrang und ihre Vorsicht stellen gewisse Ansprüche an Haltung und Betreuung. Die attraktive Vielfalt der Farbschläge und der praktische Nutzen als Zweinutzungsrasse machen dieses alte Landhuhn aber gerade für erfahrene Hühnerhalter und Liebhaber besonderer Rassen spannend.

Wirtschaftlichkeit

M (mittel)
180 pro Jahr
Gewicht Henne
1,75-2,25 kg
Gewicht Hahn
2,0-2,75 kg
Lebenserwartung
5–6 Jahre
Fleischansatz
Gut
Bruttrieb
Sehr schwach
Autosexing Nein
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Haltung & Charakter

Bergische Schlotterkämme zeichnen sich durch ihr ausgesprochen lebhaftes und neugieriges Wesen aus. Sie sind ständig in Bewegung, haben ein stark ausgeprägtes Erkundungsbedürfnis und zeigen eine sehr aktive Futtersuche. Diese Rasse gilt als ungewöhnlich eigenständig und freiheitsliebend, was sich nicht zuletzt in ihrer deutlichen Flugfreudigkeit äußert: Sie nutzen jede Gelegenheit, um auch mal auf Bäumen zu sitzen oder neue Bereiche des Auslaufs zu erkunden. Das typische Sozialverhalten ist friedlich und ausgeglichen, sowohl unter Hennen als auch gegenüber anderen robusten Rassen. Aggressionen innerhalb der Gruppe sind selten. Dennoch sind Bergische Schlotterkämme keine „Schoßhühner“ – sie bleiben trotz Zutraulichkeit durch regelmäßigen Umgang stets etwas eigenständig und sind eher für erfahrene Halter geeignet, da sie konsequente Führung im Umgang und Handling schätzen. Ihre starke Eigenständigkeit sowie die ausgeprägte Wachsamkeit machen sie für Anfänger weniger geeignet. In gemischten Herden lassen sie sich problemlos integrieren, solange der Auslauf ihren Bedürfnissen entspricht. Hähne zeigen ausgeprägten Beschützerinstinkt, ohne übermäßige Aggression.

Haltung & Fütterung

Die Haltung von Bergischen Schlotterkämmen erfordert zwingend großzügigen Auslauf mit viel Abwechslung – kleine oder strukturlose Gehege führen zu Stress und Unerfüllen der artspezifischen Bedürfnisse. Besonders hervorzuheben ist die ausgeprägte Flugfähigkeit: Zäune sollten bei normalem Freilauf dauerhaft mind. 2 Meter hoch sein, da die Tiere auch höhere Hindernisse problemlos überwinden. Noch besser sind weitläufige, baumreiche Flächen, auf denen natürlicher Schutz und Sitzgelegenheiten wie Baumäste genutzt werden. Im Stall müssen bei dieser Rasse insbesondere die empfindlichen Kopfanlagen beachtet werden: In Kälteperioden ist besonderer Schutz vor Frost für Kamm und Kehllappen notwendig, z.B. durch regelmäßiges Einfetten mit Melkfett[]. Trotz robuster Grundkonstitution zeigen Bergische Schlotterkämme hier eine rassespezifische Schwachstelle. Die Rasse ist keine „Futterverwerterin“ für arme Kost – sie verbringt jedoch einen Großteil der Zeit mit sehr aktiver Futtersuche, was die Zufütterungsmengen im Sommer deutlich verringert. Die Hennen neigen weder zu Verfettung noch zu Mangelerscheinungen, solange ihr Bewegungsbedarf gedeckt ist und sie ausreichend frisches Grün und tierisches Eiweiß aufnehmen können. Eine Besonderheit ist die konsequente Nutzung aller Futterquellen im Auslauf; in mageren Außenbereichen sinkt die Legeleistung deutlich.

Gesundheit & Besonderheiten

Bergische Schlotterkämme sind grundsätzlich robust und wenig krankheitsanfällig, sofern Kämme und Kehllappen im Winter trocken gehalten und vor Erfrierungen geschützt werden[]. Durch ihr aktives Wesen sind sie selten von Bewegungsmangel oder Verfettung betroffen. Rassetypisch ist allerdings die Anfälligkeit der exponierten Kopfanlagen gegen Frost; Halter müssen auf Verletzungen achten. Die robuste Verdauung und das dichte, wetterfeste Gefieder ermöglichen die Haltung auch unter raueren Bedingungen, sofern gegen kalten Wind und Nässe geschützt wird. Eine weitere Besonderheit: Die Tiere neigen dazu, am liebsten erhöht zu schlafen (auf Sitzstangen oder Bäumen) – dieses Verhalten sollte bei der Stallgestaltung als Rückzugsort unbedingt berücksichtigt werden.

🏠 Platzbedarf & Klimaresistenz

Stallplatzbedarf
Normal
Auslaufbedarf
Sehr hoch
Kälteresistenz
Mittel
Wärmeresistenz
Sehr gering

🧠 Charakter & Verhalten

Nutzung Zweinutzungsrasse, Rassehühner
Farbschläge schwarz-weißgedobbelt, schwarz-gelbgedobbelt, schwarz, gesperbert
Charakter lebhaft, freundlich, neugierig, vorsichtig, ausgeglichen
Sozialverhalten Verträglich
Aktivität Sehr aktiv
Lautstärke Mittel
Flugfähigkeit Gut

Ursprung und Geschichte

🇩🇪 Deutschland
1750

Die Herkunft der Bergischen Schlotterkämme liegt im Bergischen Land im Westen Deutschlands, wo sie seit dem 18. Jahrhundert als eine der ältesten deutschen Landhuhnrassen entstanden. Die erste Entwicklung lässt sich etwa auf das Jahr 1750 datieren und stand im klimatisch rauen Mittelgebirge unter dem Einfluss bäuerlicher Selbstversorgungstradition. Als Ursprungsrassen gelten der Bergische Kräher und vermutlich aus Spanien eingeführte Landhühner, was damals durch gezielte Kreuzungen zur Verbesserung der Eierproduktion und Anpassungsfähigkeit an das lokale Klima geschah. Die charakteristische Kammform, bei der der vordere Teil aufrecht steht und der hintere Bereich locker zur Seite fällt („schlottert“), verlieh der Rasse ihren Namen. Die älteste belegte Variante war der schwarze Farbschlag, während andere Typen – etwa das holthäuser Huhn mit erhöhtem Krähruf – ebenfalls als Schlotterkämme galten, im Laufe des 19. Jahrhunderts aber ausstarben oder in anderen Linien aufgingen. Erst im späten 19. Jahrhundert wurden weitere Farbschläge (schwarz-weißgedobbelt, gesperbert, schwarz-gelbgedobbelt) durch gezielte Zucht und Rückkreuzungen eingeführt und offiziell anerkannt. Die Entwicklungsgeschichte ist durch vielfache regionale und züchterische Veränderungen geprägt, was die Rasse bis heute einzigartig macht.

Bedeutung & Moderne Entwicklung

Im 18. und 19. Jahrhundert spielten Bergische Schlotterkämme eine bedeutende Rolle in der lokalen Landwirtschaft des Bergischen Landes, da sie für damalige Verhältnisse eine bemerkenswerte Legeleistung und Fleischqualität boten. Mit dem Aufkommen spezialisierter Lege- und Wirtschaftsgeflügelrassen ging ihr Bestand im 20. Jahrhundert stark zurück. Um 1920 standen sie kurz vor dem Aussterben und sind heute als extrem gefährdet und auf der Roten Liste erfasst. Traditionell in kleinen bäuerlichen Beständen gehalten, finden sich Schlotterkämme heute fast nur noch bei engagierten Rassegeflügelzüchtern. Aktuelle Zuchtprogramme und Erhaltungsinitiativen sind darauf ausgerichtet, die verschiedenen historischen Farbschläge und die genetische Vielfalt zu bewahren. Die Rasse erlebt seit wenigen Jahren eine kleine Renaissance im Rahmen der Erhaltungszucht, bleibt aber nach wie vor eine der seltensten deutschen Haushuhnrassen mit besonderer Bedeutung für das regionale Kulturerbe.

📈 Bekanntheit & Status

Bekanntheit
Selten
Beliebtheit
Beliebt
Ausstellungsgeeignet Ja

Häufig gestellte Fragen❓

+Warum „schlottert“ der Kamm dieser Rasse und was verrät seine Form über die Bergischen Schlotterkämme?

Der namensgebende Schlotterkamm ist einzigartig: Bei Hennen steht der vordere Teil des Kamms aufrecht, während der hintere Bereich locker zur Seite fällt und beim Laufen „schlottert“ – ein seltenes, rassespezifisches Merkmal, das auf die historische Zucht aus dem Bergischen Land zurückgeht und den Gesundheitszustand der empfindlichen Kopfanlagen anzeigen kann.

+Welche ungewöhnlichen Anforderungen stellt die Haltung der Bergischen Schlotterkämme an den Auslauf und die Einzäunung?

Die Tiere haben eine ausgeprägte Flugfähigkeit und benötigen daher zwingend einen sehr großen, abwechslungsreichen Auslauf; Zäune sollten mindestens 2 Meter hoch sein, da sie problemlos darüber hinwegfliegen – ein Aspekt, der selbst erfahrene Halter oft überrascht.

+Warum ist der Bestand der Schlotterkämme heute so extrem gering und wie viele Tiere gibt es aktuell?

Obwohl sie einst eine der wichtigsten deutschen Landhuhnrassen waren, sind Bergische Schlotterkämme heute extrem selten: 2016 gab es in Deutschland nur etwa 300 Zuchttiere bei 38 Züchtern, mit manchen Farbschlägen wie „gesperbert“ sogar weniger als 20 Exemplaren – sie gelten deshalb als „extrem gefährdet“ auf der Roten Liste.

+Gibt es einen Trick, wie man bei dieser Rasse Erfrierungen am empfindlichen Kamm vermeiden kann?

Weil die Kopfanlagen frostempfindlich sind, hilft das regelmäßige Einfetten von Kamm und Kehllappen mit Melkfett im Winter – ein praktischer Insider-Tipp, um Verletzungen und Erfrierungen bei Kälte zu verhindern.

+Was macht die Rasse gerade für Selbstversorger und Liebhaber besonders interessant – trotz ihrer schwachen Brutlust?

Bergische Schlotterkämme sind echte Zweinutzungshühner: Sie liefern nicht nur ca. 180 mittelgroße, weiße Eier pro Jahr, sondern auch gutes Fleisch, zeigen eine enorme Eigenständigkeit bei der Futtersuche (im Sommer benötigt man teils kaum Zufütterung) und sind äußerst robust – trotz ihrer schwachen Gluckneigung eignen sie sich ideal für erfahrene Selbstversorger mit naturnahem Auslauf.

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